Dicht an dicht [Dok „Am Ende der Milchstraße“]

50 Menschen, ein mecklenburgisches Dorf, keine Perspektive. Vielleicht hatte es zu DDR-Zeiten noch eine – jedenfalls behaupten einige das.

Foto: Börres Weiffenbach
Foto: Börres Weiffenbach

Ein Sonnenaufgang, endlose Felder, Windräder, Vogelzwitschern – Mecklenburg-Vorpommern, wie man es nicht treffender zeigen könnte. Ein schmal gebauter Bauer würde für die Kühe wahrscheinlich kein Hindernis darstellen. Maxe kann das. Aber Gefühle gegenüber seiner Freundin Cordula zeigen kann er auch. Olli melkt im Stall. Ihn hat’s noch gut getroffen: Er hat Arbeit, Frau und Haus.
Haus und Hof haben sie hier eigentlich alle noch. Vielleicht nicht so viel, wie sie gern hätten, und vielleicht nicht so neu, wie es mal war. Aber sie wohnen zusammen, dicht an dicht. Die Träume des Zugewanderten scheinen auf den weiten Landstraßen abhanden gekommen zu sein: „Es bringt nichts, vom Nordkap zu träumen und den Fischotter um der Ecke liegen zu lassen“. Harry bleibt pragmatisch – so wie sie alle hier.

„Am Ende der Milchstraße“ ist vielleicht kein Film zum Mitleidhaben, aber mich packt´s trotzdem. Hinter der dörflichen Gemütlichkeit fangen Leopold Grün und Dirk Uhlig eine triste, hoffnungslose Stimmung ein und sorgen dafür, dass sie sich langsam auch bei mir einfrisst. Kommentarlos nimmt man alles, wie es eben kommt.
Für Außenstehende mag es eher bedrückend wirken, dass diese Dorfbewohner nicht weg kommen – aber man muss erkennen, dass sie es auch nicht wollen. Ob Sommer, ob Winter: Sie saufen, sitzen zusammen; wenn zwei sitzen, kommen mehr dazu. Dass viele anfangen zu trinken, bleibt in dieser Doku kein Geheimnis. Viele Alteingesessene kamen mit dem Ende der DDR nicht zurecht: Arbeitslosigkeit, Abwanderung, demografischer Wandel – schlicht keine Perspektive.

Der bäuerliche Witz und die Ironie geben der 93-minütigen Dokumentation ihren eigenen Charme. Das Schweigen, das ab und an herrscht, gehört nach Mecklenburg wie die Strohballen auf den Feldern. Und spätestens das traditionelle Schwofen zum Dorffest vereint dann wieder alle, so wie jedes Jahr seit 30 Jahren…

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