Das kann man schon so machen. [SF „Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel“]

Und ist eben nicht kacke. Ein großes Heldenepos ist es auch nicht. Könnte es aber sein, wenn man sich das vorstellen möchte.

Foto: Kaminski.Stiehm.Film
Foto: Kaminski.Stiehm.Film

Regisseur Lehmann (Robert Gwisdek) steigt nach dem ersten Drehtag der Produzent aus. Die finanziellen Mittel sind erschöpft. Er steht im bayrischen Dorf Speckbrodi vor Crew und Darstellern, allein mit seinem Idealismus. Alle anderen muss er noch überzeugen, nicht nur vorerst auf ihre Gage zu verzichten und sich behelfsmäßig in einem Schankraum einzuquartieren. Hauptdarsteller Kohlhaas (Jan Messutat) – selbst nur noch in Unterwäsche, nachdem ihm der Harnisch genommen wurde – sackt zusammen. Die Starschauspielerin, die Kohlhaas‘ Frau spielt (Rosalie Thomass), fährt im Taxi vor: „Du wirst den Arschlöchern noch danken, dass sie dir die Gelder gestrichen haben. Das ist ein Geschenk!“

Es ist die Geschichte einer Spielfilmproduktion, die nicht nach Storyboard gedreht wird, sondern aus den Umständen heraus etwas anderes entsteht. Ich fühle mich kurz an Monty Pythons “Ritter der Kokusnuss” erinnert. Ringen die Schauspieler in „Kohlhaas“ um die glaubwürdige Darstellung der Tragik, reagiert Lehmann mit Improvisationen, welche erst aus Kühen, dann aus einem Schaf die Pferde des Kaufmanns werden lassen sollen. In der trashigen Umsetzung liegt ein anmutiger Humor, der nicht die Geschichte eines brandenburgischen Kaufmann im 15. Jahrhundert erzählen will, sondern die Verhältnismäßigkeit von Mitteln in Frage stellt.

Heinrich von Kleist sagte einst: „Ein freier, denkender Mensch bleibt da nicht stehen, wo das Schicksal ihn hinstößt.” Der echte Lehmann, nämlich Regisseur und HFF-Absolvent Aron Lehmann, thematisiert nicht die Selbstjustiz einer mittelalterlichen Begebenheit wie in der literarischen Vorlage. Er schafft es, Budget und Requisite zu entzaubern – auch wenn bis zum Schluss der Zweifel in den eigenen Gesichtern nicht verschwindet. Und dennoch kommt „Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ spielerisch an die großen Gefühle einer überladenen Inszenierung von mythischer Gerechtigkeit heran.

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