„Ich hab ja Zeit.“ [SF „Bis zum Horizont, dann links!“]

„Auch, wenn wir es nicht wahrhaben wollen. Unsere Kinder hassen uns, weil wir alt sind. Und wir hassen sie, weil sie jung sind. Das ist die ganze, einfache, beschissene Wahrheit.“

Szene aus "Bis zum Horizont, dann links!"
Foto: Conny Klein

Bewegungstherapie, Wassermassagen, Chor und Lesenachmittage – das ist alles, was der letzte Lebensabschnitt noch an Überraschungen für Annegret Simon (Angelica Domröse) bereit hält. Die Seniorin wird von ihrer Familie in ein Altersheim abgeschoben. Wenig begeistert davon resigniert sie und isoliert sich von allen anderen Heimbewohnern. Ähnlich wie ihr ergeht es auch Eckhardt Tiedgen (Otto Sander), der schon seit acht langen Jahren ein unspektakuläres Leben in der Seniorenresidenz fristet. Der Einzug von Annegret bekräftigt ihn in dem Wunsch nach Veränderung, nach dem Ende der Resignation und einem Ausbruch aus der täglichen Tristesse des Altersheimes. Ein geplanter Rundflug über Brandenburg wird zum perfekten Zeitpunkt eines frechen Clous: Tiedgen entführt völlig unvorbereitet das Flugzeug. Er weiß genau, wohin es gehen soll – ans Meer.

„Bis zum Horizont, dann links!“ von Bernd Böhlich ist ein liebenswertes Plädoyer für das Anrecht auf ein erfülltes Leben. Selbstbestimmt handeln, lieben und leben will jeder Mensch, vollkommen unabhängig davon, wie alt er ist. Böhlich ist es dabei besonders gut gelungen, die richtige Balance zwischen der eigentlich traurigen Realität und dem lebensfrohen Ausbruch zu finden. Jeder Charakter besticht mit seinem ganz eigenen Charme und macht die ungewöhnliche Entführungsgeschichte zu einem sehenswerten Kinoerlebnis. Man kommt nicht drum herum, sich von dieser Komödie mit Tiefgang das Herz erwärmen zu lassen – ganz egal, wie sehr man sich vor solch einer Metapher sträuben mag.

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