JUNGER FILM: Another Roadtrip: Das Haus vom Ni Ko Laus

„17 war das beste Alter. 17 war magisch. Mit 17 war vieles fast vorbei und vieles kurz davor zu Beginnen.“ Die Farben, das Auto, die alte Spiegelreflexkamera und die Musik im Radio – alles scheint wie 1984 während einer Reise im Spätsommer zu zweit im Auto. Irgendwo auf dem Land, westlich von Berlin.

Eine 35mm-Aufnahme von einem jungen Paar, welches die Freiheit eines Roadtrips genießt, sie aus dem offenen Autofenster herausschreit. Zwischendurch zum Pinkeln anhalten, zum Baden im See und zum Knutschen auf dem Fahrersitz. Im Intro erzählt eine Stimme von der Freiheit und der Liebe, von dem wohl bekanntesten Ganovenpärchen der Vereinigten Staaten Bonnie und Clyde, von Marianne und Pierrot aus dem Roman “Elf Uhr Nachts” von Lional White, erschienen 1965. Marianne und Pierrot entfliehen gemeinsam dem gutbürgerlichen Leben und geraten dabei in kriminelle Kreise. Ein weiteres Paar wird ebenfalls genannt – Iris und Alexander. Alle drei Paare scheinen als Inbegriff von einer “richtig geilen Zeit” zu stehen.

Doch mit kurzen, sensiblen Blicken zeigt die Regisseurin Ella Knorz die Unsicherheiten von Benjamin und Maja. Gezeichnete Nikolaushäuser anstelle tiefgründiger Tagebucheinträge. Zaghafte Berühungen und kein hemmungsloses einander Verschlingen. Die Schwierigkeiten mit diesem besonderen Roadtrip. Dabei spielen sowohl die beiden Protagonist*innen im Film, als auch Knorz gelungen mit dem nostalgischen Schein, dem “Früher war alles Besser”. Wenn der Schein dann zerbricht – sei es auch nur, weil die Handhabung einer Spiegelreflexkamera einfach nicht mehr der aktuellen Zeit, den eigenen technischen Fähigkeiten entspricht – so wechselt das Bild von der 35mm-Aufnahme zum Breitbildformat. Die Gesichter der Beiden in der Frontalen zeigen Anspannung und Enttäuschung. Denn bei all dem Aufwand, all der Retrospektive sind es doch die eigenen Erwartungen, denen die Beiden gerecht werden müssen. Vielleicht nie gerecht werden können, heißen sie eben nicht Iris und Alexander, auch wenn sie sich so nennen. Und am Ende ist es doch nur die eigene Zeit, in der die eigene Freiheit ausgekostet werden kann. “Don’t look back, you are not going that way”, wie Benjamin unter einem Selbstportät auf Instagram formuliert. Und wer sagt denn, dass in dreißig Jahren die heutige Zeit ebenfalls besser, wilder und freier scheint. Nur eben in digital festgehalten und nicht in vergilbten Fotos.


Text: Greta Markfort

Dieser Film läuft in Block 5 des Wettbewerbs JUNGER FILM beim FiSH – Filmfestival im Stadthafen.

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