Nach Parchim: Wie ein persönliches Gespräch

Foto: Julia Gechter Foto: Julia Gechter

„Deinen Kindern dabei zusehen, wie sie fortgehen […] Da gehen die Nerven mit einem durch.“

Ein Satz, der wohl alle Eltern anspricht, ganz unabhängig von ihrer Vorgeschichte. Und genau darum geht es in Nach Parchim.

Der Film erzählt in so alltäglichen wie ergreifenden Bildern vom Fliehen und vom Ankommen. Politische Diskussionen lässt er dabei komplett raus und lenkt so die Gedanken der Zuschauenden auf ein Thema, das durch hitzige Debatten zur Flüchtlingskrise allzu oft vergessen wird: Wie fühlt sich das an – Ankommen? Fremd sein und Anfangen von Null? Und wie sieht der Alltag eines Geflüchteten in Deutschland aus?

Der Grundschüler Moner aus Syrien und die Rentnerin Ulla aus Ostpreußen (2017 beide in Parchim) nehmen die Zuschauer*innen mit durch ihren Alltag. Abwechselnd erzählen sie von ihrer Flucht und vom Fremdsein – und auch, wie aus der Fremde eine neue Heimat werden kann. Die gesprochenen Sequenzen wirken so unverfälscht und natürlich, dass der Eindruck entsteht, eine persönliche Unterhaltung mit den beiden zu führen. Der sparsame Einsatz von Musik und die alltäglichen Aufnahmen lassen uns glauben, der Film ginge noch viel weiter, so wie auch das Leben weitergeht.

Es entsteht eine Nähe zu den Protagonist*innen, die es möglich macht, Vorurteile zu thematisieren ohne zu diskutieren. Nach Parchim will nicht missionieren oder Meinungen schaffen, das ist ganz deutlich. Trotzdem treffen viele Szenen tief und machen gleichzeitig bewusst, wie real eine Thematik ist, die viele von uns aus Überforderung am liebsten weit weg schieben: Wie fühlt man sich als gerade Angekommene*r?
Lauscht man Ulla und Moner, ist es plötzlich leicht, über das Leben nach der Flucht zu sprechen.
Die etwa 20-minütige Dokumentation ist erfrischend unpolitisch und menschlich. Eine absolute Empfehlung (nicht nur) für alle, die über politischen Diskussionen Gefahr laufen, die Menschlichkeit aus den Augen zu verlieren.

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