Partisan: Die Unangepassten

Foto: solofilm Wolfgang Gaube

Par·ti·san, [der]: ein bewaffneter Kämpfer, der nicht zu den regulären Streitkräften eines Staates gehört.

Während ich PARTISAN schaue, versuche ich schon Worte für das Gesehene zu finden. „Große Kunst“ oder „ein genialer Kopf“ oder „beeindruckendes Werk“ schießen durch mein Gehirn. Aber: DAS TRIFFT ES ALLES NICHT! DAS IST ALLES VIEL ZU PLATT! Ich möchte schreien. Schreien wie die Darsteller*innen auf der Bühne. Schreien wie Frank Castorf, wenn es ihm wichtig ist, seine Vision auszudrücken. Ich möchte den Menschen ins Gesicht brüllen, dass sie bitte diesen Film gucken sollen. Und bitte etwas daraus mitnehmen. Mitnehmen, dass laut werden gut tut. Dass wir Räume brauchen, um uns auszuprobieren, wo man „bestimmte Sachen machen kann, in dem man sie einfach macht“.
PARTISAN erzählt uns die Geschichte der Volksbühne Berlin. Die Machart des Dokumentarfilms von Lutz Pehnert, Matthias Ehlert und Adama Ulrich ist kurzweilig. Wir schauen hinter sowie vor sowie in die Kulissen, lernen die Menschen kennen, die dort arbeiten, leben, lieben, trinken, rauchen.
Immer wieder werden Sequenzen eingeblendet, in denen genial mit einer Zweiteiligkeit von Bild und Ton gearbeitet wird, welche Vergangenes zeigen und Statements abgeben.
Trotz einer Länge von 130 Minuten möchte ich nicht eine Sekunde verpassen. Jedes Wort sauge ich auf, jede noch so kleine Äußerung über das Spiel, das Material, die Szenen, die Arbeit. Vielleicht ist es, weil ich in dem Bereich Musik und Theater zu Hause bin. Das geballte Wissen, das hier auf mich trifft, kann ich nach einem Mal Schauen gar nicht verarbeiten. Ich möchte den Film komplett transkribieren und als Buch lesen, jede poetische Sentenz herausarbeiten und an meine Wand kleben. So viel Wahrheit, so viel Weisheit. Ein Zitat von Bert Neumann (ehemaliger Bühnenbildner):
„Gerade wenn die Welt draußen so Fahrradhelmmäßig eingerichtet ist, braucht es ein Gegengewicht wie das hier.“

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