In Zeiten des abnehmenden Lichts: Der Zukunft zugewandt – nicht.

Herbstlicht, Abenddämmerung, gereizte Stimmung: Wer macht das Licht aus?

X-Verleih AG

Der 90. Geburtstag von Wilhelm Powileit, gespielt von Bruno Ganz, steht an. Als langjähriger SED-Parteigenosse kann er eine große Runde an Gratulanten erwarten und ein weiteres „Blech“, verliehen von Parteifunktionären, am Revers des nicht mehr ganz so rüstigen Mannes. Die Geburtstagsfeier steht im Zentrum des Dramas um Familie und staatliche Repressionen. Oder geht es doch um das weit entfernte russische Dorf Slava?

Es verweben sich die Lebensgeschichten der vier Generationen dieser Familie, angefangen in den Jahren der deutschen NS-Diktaktur, hinweg über die 40 Jahre SED-Herrschaft. Die Konflikte spitzen sich zu: „Das Problem ist, dass das Problem das Problem ist“ kommentiert Wilhelm die angespannte Stimmung einem Genossen gegenüber, vertraulich und meint es doch politisch. Aber die Familienmitglieder scheinen auf sich warten zu lassen, selbst der Parteifunktionär verspätet sich, von politischen Lösungen ganz zu schweigen.

Auf das Verständnis bei mir allerdings auch. Ich habe das Gefühl, die 100 Minuten wollen mehr erzählen, als sie klären können. Die sieben Familienfiguren laufen nebeneinander her. Die offensichtliche Unzufriedenheit wird mit unterschwelliger Politik vermischt. Die sich verdüsterne Stimmung wird immer wieder durch die lichtbetonten Bilder geradezu gemalt. Die fast vollständige Abwesenheit von Filmmusik betont die Geräusche von Teetassenklappern, Mäntelrascheln und betretenem Schweigen brüllend.

Ich recherchiere über den zugrunde liegenden Roman von Eugen Ruge und stelle fest: Die Filmhandlung bezieht sich auf nur wenige Kapitel des Buches. Scheint aber kaum auf die darin erzählte komplexe Zeit- und Familiengeschichte verzichten zu können. Dafür bleibt dem Drama allerdings dramatisch wenig Zeit, denn der Rattenschwanz der deutschen Geschichte des mittleren 20. Jahrhunderts hängt dran, zusammen mit dem bröckelnden Familienverband. Schwerwiegende Traumata der einzelnen Charaktere zugefügt vom historischen Kontext tauchen auf und wieder unter. Wie sollte es auch anders gehen, wenn sie Jahrzehnte lang in den Schubladen der Diktakturen stecken.

So nehmen mich die Stimmungen bedrückt mit und lassen mich traumatisiert sitzen. Was für eine Eröffnung dieses Jahr! Das diesjährige Filmkunstfest startet mit Irena Umnitzers Ausspruch: „Wer die Kinder verliert, verliert die Zukunft.“

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