Lighter than orange: Finsterer als Schwarz

„Als ich klein war und morgens zur Schule ging, roch ich das Dioxin und fand, dass es duftete. Es roch wie reife Guaven. Ich liebte diesen Geruch. Er war fruchtig und ich genoss ihn.“

Dokumentarfilm: Lighter than Orange
Foto: Leupold Film Production Berlin

Die Farbe Orange – beißend wie das Warnlicht, grell wie die Frucht und blendend wie die aufgehende Sonne. Im Farbkreis liegt sie zwischen Gelb und Rot, zwischen Galle und Blut. Nahezu makaber erscheint es da, dass das Herbizid, welches großflächig während des Vietnamkriegs versprüht wurde, “Agent Orange” benannt wurde. Zig Millionen Liter des dioxinhaltigen Entlaubungsmittels wurden damals aus der Luft direkt auf die Vegetation abgeworfen. Ziel der US-Army war es, dem Gegner den Sichtschutz zu nehmen sowie die Ernte zu ruinieren. Als die vietnamesischen Soldaten aus dem Krieg heimkamen, trugen nicht nur ihre Seelen und Körper tiefe Wunden – die Genpools folgender Generationen waren irreparabel beschädigt.

LIGHTER THAN ORANGE lebt durch Kontraste. Auf schauerliche Kriegsgesänge folgen fast meditativ anmutende Klänge. Nach idyllischen Landschaftsaufnahmen zeigt Regisseur Matthias Leupold Bilder von gebrochenen Menschen. Die Aufnahmen des Mannes, der neben den zwölf nummerierten und winzig kleinen Särgen seiner eigenen Kinder steht, lassen niemanden kalt. So setzt Leupold durchgehend auf die Authenzität und Schonungslosigkeit nackter Worte. Er lässt die Kriegsveteranen selber erzählen und präsentiert mit ruhiger Hand ihre Sicht auf dieses Kapitel vietnamesischer Geschichte.
Als handwerklich aufwendig produzierte und tiefgründig recherchierte Dokumentation widmet sich LIGHTER THAN ORANGE den ergreifenden Schicksalen der Opfer. Sie halten den Zuschauer gepackt und lassen ihn nicht wieder los. Ganz selten aber funkeln noch immer Mut und Optimismus aus den trüben Augen der Kriegsgeschädigten – auch das sind Eigenschaften, die der Farbe Orange seit jeher innewohnen.

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