Klinkenputzen für Devisen-Poker [gedreht in MV „Die Außenhändler“]

Kapitalistische Methoden unter sozialistischen Bedingungen: Außenhandelsvertreter sorgten dafür, dass man nicht auf alles in der DDR verzichten musste.

Foto: Hoferichter & Jacobs GmbH
Foto: Hoferichter & Jacobs GmbH

Über zehn Jahre auf ein Auto warten. Eine gefühlte Ewigkeit auf eine Wohnung. Nur selten eine Banane aus Kuba. Markenjeans galten als Kostbarkeit. Trotzdem gab es sie: die Konsumgüter, die das Leben angenehmer gestalteten. Dank den Mitarbeitern des Außenhandel konnten die DDR-Bürger einen besseren Lebensstandard erreichen.
Regisseur Lutz Pehnert gibt einen interessanten Einblick über die Geschichte und Arbeitsweise von Außenhandelsvertretern im Arbeiter- und Bauernstaat der DDR. Mit seinem 90-minütigen Dokumentarfilm DIE AUSSENHÄNDLER gibt er ein eindrucksvolles Zeugnis über die dunklen Machenschaften fernab sozialistischer Ideale. Zum Klinkenputzen reisten die Handelsvertreter um die ganze Welt, um internationale Wirtschaftsbeziehungen aufzubauen. Über Scheinfirmen wurden die Geschäfte abgewickelt, im Devisen-Poker war der offizielle Klassenfeind der beste Freund. Denn Devisen waren gefragt. Mit ihnen bezahlte die DDR wichtige Westimporte und Produktionsgüter.
Ausgewählte Zeitzeugen erzählen in DIE AUSSENHÄNDLER über ihre Erfahrungen als ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Außenhandel (MAH). Untermalt werden diese Anekdoten mit historischen Bildaufnahmen. So erklärt Mittelsmann Gerhardt Ronneberg den DDR-Außenhandel am Beispiel des geheimen Toshiba-Kuhhandels: „Kein schriftlicher Vertrag. Ein mündlicher Vertrag, der der DDR 25 Millionen US-Dollar kostete und den wichtigen Anschluss an den Westen.“ Diese Geschäftsbeziehung ist exemplarisch dafür, wie Embargos umgangen wurden.
Mit ihren Tätigkeiten zwischen den Systemen war das MAH ein wesentlicher Bestandteil im Überleben der DDR. Denn obwohl der reale Sozialismus 1989 vor dem wirtschaftlichen Kollaps stand, verstanden es die Mitarbeiter, den Handel mit „kapitalistischen Methoden unter sozialistischen Bedingungen“ zu führen.

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