Denken ist langweilig, wenn es keiner sieht [KF „Achill“]

Eine junge Frau zeichnet sich selbst – ihr intimes Gedankenchaos, das innere fragende Kind und die Beziehung zu ihrem Freund. Ein Seelentrip auf Papier.

Filmstill: HFF Konrad Wolf / gudrunkrebitz.com
Filmstill: HFF Konrad Wolf / gudrunkrebitz.com

Gedankenlesen können die Menschen noch nicht, also bleibt uns nur die Kunst. Mit ihr lassen sich Ideen, Träume, Erinnerungen und die eigenen persönlichen Denkschnipsel festhalten. Der nach außen stille Mischbehälter zwischen den eigenen Ohren braucht aber Hilfsmittel, um das Gedachte und Gefühle für andere darzustellen. Das Eingeschlossene befreien, darstellen und vor allem festhalten.

Denn Gedanken verblassen, sind unscharf, durcheinander und verwirrend. Wie auch das Animationsfilmchen ACHILL – Illustratorin und Animatorin Gudrun Krebitz wirft die Zuschauer in ihre melancholisch-bunte Diplomarbeit und erlaubt dabei mehrere voyeuristische Augenblicke in ein intimes Skizzenbuch. Die 32-jährige Künstlerin versteht ihr Handwerk und entwirft eine fantasievolle Gedankenwelt mithilfe von Feder, Tusche, Papier und Kamera. Die Montage von realen, zerhackten Filmaufnahmen vermischt sich mit bemalten Portraits und sensiblen Zeichnungen. Diese visuelle Wanderung auf fleckigem Papier, oft verzerrt und trüb, zeigt immer wieder eine nackte Frau in allen Lebenslagen: Trinken, schlafen, über den Partner nachdenken, weinend, liebend, grübelnd und sich selbst zeichnend.

Diese Figur kommentiert, dichtet und monologisiert das Gesehen und sich selbst mit der rauchigen Stimme von Nicolette Krebitz, in einem sympathischen Englisch mit deutschem Akzent. Dazu eine flüsternde Mädchenstimme, das innere Kind der Figur, welches mit ihrer Meinung zum Schmunzeln anregt. Vertraute Selbstzweifel, Fragen und das unklare eigene Selbstbild werden wechselnd eingeworfen und verblassen wieder schnell. Das Selbstgespräch stützt aber die bewegten Bilder, fängt sie auf und hilft dem Betrachter, das blinkende Mosaik einzuordnen.
Der gelungene Film ist ein naher Blick über die Schulter der arbeitenden Künstlerin und zugleich ein intimer Zugang zu ihrem möglichen Alter-Ego auf Papier. Verschwommen, sprunghaft und doch sehr nahe – wie Gedankenlesen sich wohl irgendwann anfühlt.

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