Sophie: „Aromatisierte Tees sind kacke“

 

Ich sitze am Schweriner Pfaffenteich, im Gegensatz zum Vortag lässt sich das Wetter als kalt beschreiben. Ich ziehe den Reißverschluss meiner Winterjacke höher. Rechts von mir sitzt Sophie Wenkel. Sie ist junge sechzehn Jahre alt und verbringt ihre Zeit in der Oberstufe des Friderico-Francisceum-Gymnasiums Bad Doberan. Sie lacht – wie immer.

Als Vorbereitung dieses Interviews schaute ich mir ihr Facebook-Profil genauer an. „Sophie Charlotte Wenkels Aktivitäten: Nutten und Koks“. Da hake ich gleich am Anfang – gespannt auf ihre Reaktion – nach.
Sophie lacht: „Die haben einzeln was für sich und sind im Zusammenspiel ganz fesch. Nein, Quatsch. Ich bin gegen Prostitution. Diese Angabe verdeutlicht eher, dass man bei mir nicht alles auf die Goldwaage legen darf. Meine Späße müssen als solche auch verstanden werden. Ich bin ein lustiger Kumpel. Eine Person, mit der man nicht ständig tiefschürfende Gespräche führen muss.“ Provozierend fasse ich zusammen: „Du bist also so die Kumpelin von nebenan?“ Nein, das auch nicht. Es sei wichtig, das Gleichgewicht zwischen Ernst und Oberflächlichkeit zu halten.

Jetzt werde ich gemein: „Nenne mir vier Eigenschaften, die dich am besten charakterisieren.“ – „Nenn du mir doch welche!“ Und da hätten wir auch schon die erste: Nicht auf den Mund gefallen. Entspannt, nicht verspießt, auch mal aus der Reihe tanzend. „Du bist ein Rebell?“ Nein, das auch nicht. Man müsse nicht immer rebellisch sein. Es sei wichtig, seine Meinung nach außen zu tragen und zur Sprache zu bringen. Aber sie sei auch nicht gegen Dinge, weil andere dafür sind. Sie handle nicht nach einem Stereotyp.

„Was ist denn deine Schublade, in die dich deine Mitmenschen stecken?“, will ich wissen. „Einige denken, dass ich mich nur vielseitig engagiere, um mich beliebt zu machen. Dass ich besser sein will als sie. Mir ist das aber absolut latz.“ Die Schublade für sie müsse also noch erfunden werden? Nein, sie sei ein offenes Regal mit ganz vielen kleinen Facetten, was als Gesamtbild gesehen werden muss. Ob die Metapher nicht toll war, will sie wissen. Ich lache. Sophie ist genauso verwirrt wie ich.

„Für was engagierst du dich denn alles, Schopfie?“ Die Schülerzeitung „Stichling“, im JMMV-Vorstand, beim Schülerzeitungswettbewerb und auf Seminaren, als Streitschlichterin in der Schule, in Abi-Komitees und im Teeladen. Ich staune nicht schlecht, noch so’n verrücktes Workaholic-Hühnchen also. „Macht es Spaß, im Teeladen zu jobben?“ Ja, in der Tat. Sie wisse jetzt, dass aromatisierte Tees kacke seien. Sehr symbolisch finde ich das.

Da fällt ihr ein, dass sie sich jedes Jahr noch für die filmab! begeistert, zum vierten Mal ist sie nun dabei. Es sei ihre Lieblingsveranstaltung. Am Anfang kennen sich viele Teilnehmer gar nicht. Doch es entstehe immer eine familiäre Atmosphäre auf engstem Raum, ohne dass alle einen Hüttenkoller bekämen. Sie sei fasziniert von der geballten Kreativität. Ihr Wunschtraum für die Woche? Dass ihr das Gastland Russland nähergebracht wird.

Schublade auf, Sophie raus.

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