Amoklauf der Hormone [halbstark „Homevideo“]

„Fick dich! versiffte schwule Nudel“, „Nimm dir n strick Psycho“ – Auszüge aus dem Mailpostfach eines Jungen, der das Rad der blöden Zufälle zum Laufen gebracht hat.

Filmszene "Homevideo"
Foto: Filmstill

Jakob (Jonas Nay) kommt in die Klasse und setzt sich auf seinen Platz. Die Sonne scheint, er ist gut gelaunt. Das gestrige Date mit Hannah (Sophia Boehme) lief toll. Er schaut zu seinem Klassenkameraden Henry (Jannik Schümann). Der guckt ihn an, stöhnt laut und tut so, als würde er masturbieren. Man fühlt, wie Jakobs Herz zu rasen beginnt und die Angst ihn erfüllt. Hat Henry das Video gesehen? Die Hitze durchströmt ihn, er sucht verzweifelt nach Worten und rennt weg.
Eigentlich klingt seine Geschichte nach einem klassischen Teenie-Sonntagabend-Streifen: In der Schule läuft es schlecht, das Sensibelchen hat keine richtigen Freunde und die Eltern lassen sich scheiden. Als Jakob der lang angehimmelten Hannah näher kommt, scheint es endlich einmal gut für ihn zu laufen. Doch dann nimmt er ein Video von sich in einer kompromittierenden Lage auf, das durch Zufall in die Hände seiner Mitschüler gerät. Der Weg des sozialen Absturzes ist geebnet. Demütigung, Mobbing und Ausgrenzung beginnen.

Kilian Riedhofs Spielfilm besticht durch die schauspielerische Leistung und eine authentische Handlung. Dank der fein gezeichneten Charaktere versetzt sich der Zuschauer problemlos in die prekäre Situation Jakobs und fühlt in seiner misslichen Lage mit ihm. Die zielgerichtete Kameraarbeit und sorgfältig gestaltete Filmmusik komplettieren diese Produktion zu einem anspruchsvollen Jugendstreifen. „Homevideo“ ist ein Spielfilm, der realitätsbezogener nicht sein könnte und doch so hypothetisch wirkt.

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