Oh, wann kommst du? [KF „Betten-Seifert ist tot“]

Wie viel und vor allem wie lange kann uns die Selbstlosigkeit der Liebenden (er)tragen?

Das Alter stellt uns und unsere Angehörigen vor die letzte große Prüfung. Ein heikles Tabuthema. Besonders bei zunehmender Vergreisung der deutschen Gesellschaft. Im Kurzfilm „Betten-Seifert ist tot“ traut sich der junge Regisseur Thomas Krauslach an die tiefe Dramatik der Materie.
Das Szenario begleitet Wolfgang (Klaus Manchen), Ruheständler Anfang sechzig, bei den Mühen des Pflegealltags seiner chronisch kranken Frau Erika (Astrid Polak). Die Verhältnisse sind klar situiert: Trotz ihres Leidens behält Erika die Dominanz. „Man muss denen nur richtig die Meinung geigen… können!“, kommentiert sie die erstandene Verordnung der alten Tabletten. Dabei tauschte Wolfgang im Vorfeld einfach die Verpackung, um Erika „wie immer“ vor Aufregung zu schonen. In der Stille des tristen Alltags wächst die Sehnsucht nach Freiheit. Das beiläufig erwähnte Verscheiden eines Altersgenossen löst etwas in Wolfgang aus. Nach und nach verliert er sein Augenlicht und stellt daher den Sinn seiner persönlichen Aufopferung in Frage.

Der Handlungsort ist eine normale, bürgerliche Wohngegend mitten in Dresden. Die Kamera, geleitet von Erik Schimschar, stellt einen ruhigen Wechsel zwischen Banalität und peinlicher Intimität dar. Klaus Manchen legt hier eine gelungene Umsetzung der erschöpften Passivität des Hauptakteurs vor. Für musikalische Untermalung sorgt der Schlager „Oh, wann kommst du?“ von Daliah Lavi, dessen zynisch-akzentuierter Einsatz die Handlung bestimmt.

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