Energie, die raus muss [Interview Christine Repond]

„Es war für mich nicht nachvollziehbar.“: Christine Repond erzählt im filmab!-Interview, wie die Geschichte ihres Spielfilms „Silberwald“ entstanden ist.

Frau Repond, wie war es, mit den jungen Schauspielern zusammenzuarbeiten?
Es war ein sehr kollegiales, nichthierarchisches Verhältnis am Set. Ich habe die Jungs schon länger gekannt. Vorher gab es ja ein Auswahlverfahren, über 200 Jugendliche wurden 4 Monate lang gecastet. Die besten Gruppen kamen dann in ein zweiwöchiges Probecamp.

Haben Sie sich auch an eigenen Erfahrungen orientiert, zum Beispiel beim Drehort? Im Film wird mit Emmental ja ein wirklich abgelegener Ort dargestellt.
Ich komme aus einem Vorort von Bern, insofern kenne ich diese ländliche, trügerische Idylle. Von diesen Gefühlen bin ich ausgegangen. Bei meiner Recherche habe ich viele Jugendliche in Emmental besucht und etwas über die Freundschaft unter den Jungs erfahren. Auch, wie wichtig Mädchen und Mutproben dort sind.

Als Mädchen kann man einige Dinge nicht nachvollziehen, da man selber nie das Bedürfnis hatte, sowas auszuprobieren.
Ja, die ganze Aggressivität und das Testosterongeladene sind für Jungs sehr typisch. Die Mofas stehen für die Energie, die raus muss.

Wie kam es zu dem Thema Rechtsextremismus?
Die Idee stand vorher schon. Im Film geht es die meiste Zeit um diesen Stillstand nach der Schule, die Nazigruppe kommt erst recht spät. Mich hat interessiert, wie es dazu kommt, dass ein unpolitischer Jugendlicher sich für die rechte Szene begeistern kann. Es war für mich nicht nachvollziehbar. Aber mittlerweile verstehe ich, dass dort viele Gründe mit reinspielen, wie Orientierungslosigkeit und fehlende Anerkennung.

Es ist ja auch so zum Schluss so, dass Sascha erkennt, dass er das Handeln dieser Gesinnung so nicht „durchziehen“ kann.
Mir ging es hauptsächlich um diese Entscheidung, die jeder unabhängig von dem Anderen treffen muss. Weil jeder selbst für sein Handeln die Verantwortung trägt. Sascha ist keine Figur, die sich hinstellt und klar artikuliert, was er will oder was er nicht will. Insofern fand ich es stimmig, dass Sascha sich da eben mit reinziehen lässt – aber dann im Endeffekt den Molotowcocktail nicht wirft. Weil er weiß, dass es nicht richtig ist.

Nicht ganz klar wird, warum sich Sarah von Sascha abwendet. Sieht sie auf dem Konzert sein Feuerzeug mit der 88 drauf? Oder weil es nicht so gut gelaufen ist?
Die gleiche Frage hat mir eine Journalistin in Saarbrücken auch schon mal gestellt.

Aber Sarah guckt eben nicht einmal auf das Feuerzeug, weshalb man unsicher ist. Oder wollte sie nur kostenlos auf das Konzert?
Das ist die erste Intention, aber es ist interessant, wenn die Leute da noch mehr reininterpretieren. Das Dorf ist im Grunde genommen aber auch so klein, da kennt jeder jeden und weiß, was derjenige macht. Somit weiß sie eigentlich, dass Sascha sie in Bezug auf seine Ausbildung anlügt.

Wie lange bleiben Sie jetzt noch in Schwerin?
Ich bleibe leider nur für die Präsentation von „Silberwald“ in Schwerin, danach hat mein neuer Dokumentarfilm Uraufführung in München.

Wow, worum geht es?
Um eine Hardrockband, die auf dem Weg nach Oben ziemlich scheitert und wie das Leben dann dazwischen kommt. Der eine erkrankt an Krebs, ein anderer wird Papa und die Band trennt sich. Es geht so ein bisschen um Lebenslinien.

Und was steht 2011 noch so an?
Ich habe zwei neue Projekte. Momentan bin ich dafür am Schreiben und Recherchieren. Das ist immer ein langer Prozess, von der ersten Idee bis zu einem Drehbuch. Aber durch „Silberwald“ haben sich einige Türen geöffnet. Es ist schön, wenn man die Möglichkeit hat, in dem Beruf weiterarbeiten zu können. Es gibt eben sehr viele gute Regisseure. Da ist es also immer ein Glück, wenn man weitermachen kann.

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