Krug trifft Ochse

König Drosselbart, Zimmermann-Brigadier Balla, Hauptmann Florian, Widerstandskämpfer Thiel, Brummifahrer Franz, Rechtsanwalt Liebling, Kommissar Stoever, Werbemaskottchen für die Telekom: In 53 Jahren aktiver Schauspielkarriere lernte man Manfred Krug von vielen Seiten kennen – von „kontrastreich“ zu sprechen, wäre eine Untertreibung. Lange war es still geworden um den gebürtigen Duisburger, nun ist er wieder da: Am kommenden Samstag wird dem Schauspieler, Autor und Musiker der „Goldene Ochse“, der Ehrenpreis des filmkunstfestes, verliehen. Kaum ein anderer Darsteller steht so symbolhaft für die Geschichtsbrüche zwischen Ost und West. In einem Festivaljahr, das unter dem Themenschwerpunkt der deutsch-deutschen Wiedervereinigung steht, kann die Wahl dieser Hommage-Reihe kaum treffender ausfallen.

 

Kumpelige Schnauzhaftigkeit
Jeder fängt einmal klein an, heißt es so schön. Der ausgebildete Stahlschmelzer Krug arbeitete zunächst in einem Brandenburger Stahl- und Walzwerk und holte erst spät sein Abitur an einer Abendschule nach. Der Weg zum preisgekrönten Charakterdarsteller war nicht immer eben, anfangs eher gepflastert als geteert. 1954 wurde er von der Schauspielschule in Ost-Berlin geschmissen, wegen „aufmüpfigen“ Verhaltens. Die typisch kumpelige Schnauzhaftigkeit blieb ihm bis heute erhalten – glücklicherweise.
Erst mit dem 1961 erschienenen, autobiografischen Komödie „Auf der Sonnenseite“ erzielte Krug einen ersten einschlagenden Erfolg. „Manne“ wurde zum DDR-Publikumsliebling. Vorerst. So bedeutete das spätere Verbot des systemkritischen Streifens „Spur der Steine“ mit Krug als rebellischen Zimmermann Hannes Balla einen herben Rückschlag. Von oberster Stelle wurde die clevere Kritik an der schwächelnden DDR-Planwirtschaft wegen „antisozialistischer Tendenzen“ wegzensiert, noch ehe je ein Kinobesucher sie zu sehen bekam. Erst 1989 konnte der Film von Frank Beyer in Berlin uraufgeführt werden.

 

Zielscheibe der Staatssicherheit

Schlagartig endete 1977 Krugs Erfolg in der DDR, trotz mehrerer erfolgreicher Theater- und Fernsehproduktionen. Der Auslöser: Die Ausbürgerung seines engen Freundes, dem Liedermacher Wolf Biermann. Krug unterzeichnete die Protesterklärung, wurde somit selbst zur Zielscheibe der Staatsicherheit – und stellte nach einem Berufsverbot seinen Ausreiseantrag. Nach der Umsiedlung gen West-Berlin konnte er sich anfangs nur schwer als Schauspieler etablieren. Er verbrachte mehr Zeit im Arbeitsamt als vor der Kamera. Bis er 1984 die Rolle des Hamburger Kriminalkommissars Paul Stoever in der Krimireihe „Tatort“ übernahm, die er bis 2001 innehatte.

Heute steht „Manne“ selbst nicht mehr vor der Kamera, konzentriert sich aber weiterhin mit seiner langjährigen Partnerin Uschi Brüning auf seine Musik. Auf dem diesjährigen filmkunstfest wird neben einer facettenreichen Hommage-Reihe seines Schaffens auch die Gelegenheit bestehen, in seine musikalische Mischung aus Lyrik und Jazz reinzulauschen.

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