„Die Häuser wurden größer, und der Mensch? Er wurde klein.“ [Retro „Wege in die Nacht“]

Walter, in der DDR einst geachteter Betriebsdirektor, findet nach der Wende keinen Platz für sich im neuen System. Arbeitslos und dem gesellschaftlichen Existenzverlust nahe zweifelt er immer wieder an der herrschenden Ordnung. Er beginnt eine Art nächtliches Doppelleben, in dem er sich letztlich auch gewaltsam für eine „bessere Welt“ einsetzt. Dieser Moralisierungsversuch an der Gesellschaft mittels Selbstjustiz gelangt schließlich aus den Fugen.

Eine orientierungslose Seele
Sehr erfrischend ist, dass dieser Film eine aktuell stark reflektierte Thematik behandelt, ohne sich der bekannten, ermüdenden Klischees zu bedienen. Eine packende Handlung trifft auf bewegende Bilder.
Wege in die Nacht wird von nur wenigen schlichten Dialogen durchzogen, die im ersten Eindruck an Loriot – ohne den humorvollen Anspruch – erinnern. Walter ist kein Mann, der über seine Gefühle spricht. Dennoch kommt durch diesen Stil beeindruckend subtil die Melancholie seiner Geschichte zum Ausdruck. Als Schwarzweißfilm gestaltet spricht das Drama vor allem eindrucksvoll durch das Bild.
Der Film behandelt eine tragische Geschichte, die den Zuschauer nicht unberührt lässt. Er wird sie mit sich nach Hause tragen und einige Zeit in Erinnerung behalten.

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