Quo vadis, filmkunstfest?

Stell dir vor, es ist filmkunstfest und keiner geht hin… Entschuldigung, so schlimm ist es natürlich nicht. Glücklicherweise. Doch irgendetwas fehlte bei dieser 19. Ausgabe des filmkunstfestes Mecklenburg-Vorpommern. Doch was? Begeben wir uns dazu am besten auf eine kleine Spurensuche, eine Analyse gesammelter Eindrücke.

Gute Filme? Definitiv nicht. Gute, spannende, intelligente gab es zu genüge. In allen Kategorien, in allen Genren, in allen Facetten. Ob die mutigen Experimente der Kurzfilme, die inhaltliche Brillanz der Spiefilme oder die thematische Vielfalt der Sonderreihen wie die USA-Länderreihe, die Ballhaus-Hommage oder die „Filme die Wende“.

Namhafte Prominenz? Auch nicht. Ballhaus, Dresen, Prahl, Stahlberg – nur um einige Namen zu nennen, auf die das Büro des filmkunstfestes zu Recht stolz sein darf. Und wo hat man als Kinobesucher schon mal die Chance, nach der Vorstellung mit dem Regisseur noch ein Bier trinken zu gehen? Eben.

Oder fehlte ein attraktives Nebenprogramm? Fehlanzeige. Als wenn das Geschehen nicht schon auf der Leinwand interessant und vielfältig genug gewesen wäre, wurde Schwerins Filmfestival zusätzlich durch eine klug ausgewählte Mischung aus Kunst und Kultur bereichert. Ob Musik, Fotografie, Malerie, Literatur, Tanz oder eben beim Filmtalk mit Knut Elstermann. Unterhaltend, nachdenklich, mitreißend.

Vielleicht fehlten ja einfach die, für die Filmfestivals gemacht sein sollten: Die Besucher. Nicht, dass sie gar nicht da gewesen wären. Vor einigen Vorstellungen bildete sich eine beachtliche Schlange. Doch es gab auch die andere Seite der Medaille: So mancher Kino- oder Veranstaltungssaal erschreckte mit einer gähnenden Leere, für die wir bis heute nach einer Begründung suchen: Warum haben sich die Schweriner ABC-Schützen die tollen Kinderfilme entgehen lassen? Warum spielten Bands wie Urlaub in Polen und Nathan Vanderpool nur vor einem guten Dutzend mutiger Fans stimmungvoller Musik? Und wo hat sich das gewisse Etwas namens Flair versteckt, das einem solchen Festival erst wirklich Leben einhaucht? Fragen über Fragen. Wir freuen uns auf die Antworten – beim 20. Jubiläum des filmkunstfestes im kommenden Jahr.

8 Kommentare

  1. Sehr gut geschrieben – eigentlich gehen Leute in Zeiten einer (Finanz)Krise mehr ins Kino – um sich vom Alltag abzulenken. vielleicht ist die Krise in Schwerin noch nicht angekommen, hier passiert alles bekantlich ein paar Jahre später….

    Achso – Was ist mit der BUGA? Blume vs. Capitol? Schwimmende Brücke vs. Knut Eslterman? Was meint ihr?

    1. buga scheint mir geschmackssache zu sein. aber als ich samstag darum herum laufen musste um zum faulen see zu gelangen, habe ich sie geHASSt!

  2. Vielleicht geht den Verantwortlichen der Möchtegern-„Berlinale des Nordens“ (siehe: PM „Förderbescheid übergeben“) mal das Licht auf, dass es nicht ausreicht, in Presseerklärungen die Nähe zum Publikum zu postulieren und zu behaupten, man hätte der Berlinale die Publikumsnähe voraus. Als ich das las, verschlug es mir die Sprache. Welch eine arrogante Selbstüberschätzung. Sind die Wörtchen Realitätsbezug und Bodenhaftung Bestandteil des Wortschatzes der Pressemeldungsschreiber?

    Um ein Publikum zu begeistern und an sich zu binden gehört an erster, an zweiter und an dritter Stelle, sich um dieses zu kümmern.

    Aber was passiert?

    Nur zwei Beispiele:

    Es war einmal eine tolle Idee, am Wochenende vor dem FilmKunstFest ein Achtungszeichen für die Schweriner mit dem Warm-Up-Open-Air am Pfaffenteich zu setzen. Es war eine Einladung: „Liebe Leute, es geht los. Habt gute Laune. Macht Euch bereit, das FilmKunstFest naht.“ Hunderte kamen.
    Was ist daraus geworden? Eine Prestige-Veranstaltung für den Medienpartner SVZ in dessen Räumen auf dem Großen Dreesch! Wer geht da hin? Keinesfalls diejenigen, die man mit dem Warm-Up erreicht hat.

    Und was ist aus der Eröffnungsparty geworden?
    Einst im Capitol für alle Zuschauer mit allen Stars und Sternchen zum Anfassen. Viele Leute, Gedränge, Stimmung, Party. Nervenkitzel und Herzklopfen, weil man neben seinem Idol gestanden hat, vielleicht sogar mit ihm geredet…

    Jetzt: Eine VIP-Veranstaltung in der Spielbank (! Welch ein kunstsinniger Ort), in die alle Stars und auch die mit Schlips gelotst werden, einerseits.

    Andererseits unerträglich laut lärmende Bands im Bahnhofsambiente des WURMs und seit letztem Jahr nicht mehr dort, sondern im düsteren Mambuu mit Technodisko fürs gemeine Fußvolk – genannt Publikum. Keine Stars oder Sternchen. Keiner, der irgendwie mit Film zu tun hat ist hier zu sehen. Hat denn niemand bemerkt, wie hier von Jahr zu Jahr die Besucherzahlen abnahmen?

    Wen wunderts, dass man in diesem Jahr die Gäste hier an zwei Händen zählen konnte. Wer von den Organisatoren glaubt eigentlich, daß jemand, der aus einer feierlichen Eröffnungsveranstaltung kommt, Lust auf solche Musik hat? Hat er noch nie in die Gesichter im Publikum geschaut und sich Gedanken über deren Musikgeschmack gemacht?
    Oder ahnte derjenige schon den Frust des Publikums nach zwei Stunden Reden und zwei verpatzten Filmvorführungen?
    Da hatte er sich aber verschätzt, denn das Publikum ist bereits während der Veranstaltung in Scharen wütend nach Hause und nicht nach der Vorstellung zur Frusttherapie ins Mambuu geströmt.

    Auch die Bildergalerien der filmkunstfest-Webseite sprechen Bände. Hier kann ich mir ansehen, wie die Prioritäten gesetzt werden. Heute wurden die Preise vergeben. Wann kommt das erste Bild vom Publikum??? Das Fest ist gleich vorbei…

    Ja, liebe filmab-Crew, das Flair ist irgendwo zwischen Missachtung des Publikums, Arroganz, Selbstherrlichkeit und Größenwahn verschütt gegangen.
    Man feiert sich selbst und sonnt sich im eigenen Glanz. Leider nur Katzengold. Zum Sonnenkönig reichts nicht, mir fällt nur das Politbüro ein. Vielleicht wählt man sich zum 20. ein neues Publikum. Das jetzige ist nicht dankbar genug. Und bestimmt meldet man wieder einen Besucherrekord. Kenn ich noch irgendwoher: 99,9%…

    Schade? Nein: zutiefst traurig und tragisch.

    Ich war mal ein glühender FilmKunstFest-Fan. Jetzt gruselts mich nur noch. Ähnliches höre ich in meinem Freundeskreis.

    Aber ich gebe die Hoffnung auf ein reinigendes Gewitter nicht auf und dann gehts wieder bergauf.

    Der Horst

    PS:
    Ich ziehe den Hut vor Eurer Energie und Ausdauer, mit der Ihr Euch Jahr für Jahr die Tage und Nächte um die Ohren schlagt, um die filmab zu machen. Ich sammle sie schon lange.
    Ich wünsch Euch noch mehr Mut zu Kritik und Frechheit. Das kann Euch nur gut tun.

    Bis zum nächsten Jahr und viel Spaß in den letzten Stunden in SN.

    1. @derHorst: tja gute pr ist halt nicht jedermanns sache 😉 das fehlte dem fikufe aber in der tat, neben dem flair, dass es für mich vor drei jahren immernoch hatte. am wochenende sah das wirklich ein wenig anders aus. da waren mehr menschen da. aber ich finde als landesweite filmkunstfest sollte man auch landesweit und in den angrenzenden großstädten werben. . . und vor allem sollte man sein eigenes design auch mal wieder hinterfragen. ich kenn da ne gute studentenagentur 😉
      dennoch, ist das filmkunstfest immernoch einen besuch wert, denn gegen die qualität der filme kommt eben nichts an. schade ist es daher umso mehr, dass es keine breite maße wahrnimmt.

  3. Der Anspruch der Publikumsnähe und der versuch auf Glamour zu machen zeigt sich ja auch darin, wie die Kurzfilmnacht seit 2 Jahren begangen wird. Das Publikum, dass der Speicher angezogen hat, ist bestimmt nicht das gleiche, das sich das mehr auf Event getrimmten Kurzfilmnacht im Wurm ansieht. Einerseits eine gute Idee die Kurzfilmnacht näher ans Festival zu holen, den Preis mit der Übergabe auf der offiziellen Preisverleihung ins Rampenlicht zu rücken, andererseits fraglich ob dies bei den Publikumszahlen des alten Konzeptes nötig war. Allein der Bruch von einem aufs andere Jahr hat das gesamt Publikum, das diese eher alternativ angehauchte Veranstaltung hatte, verschreckt.

    Konnte denn die Tatsache, dass viele Besucher für die Buga nach Schwerin kamen nicht genutzt werden um mehr Publikum anzuziehen?

    Ich weiß nicht ob das alles nur ne Frage des Marketings ist, das Design der DB zu übernehmen ist wahrlich nicht einfallsreich, aber es sind doch eher die Veranstaltungsorte und gewollten Ausrichtungen dieser die Abeschrecken könnten. Man kann in MV kein Glamour-Event machen, dazu gibt es hier nicht das Publikum.

    Ich hab einfach das Gefühl das die Festivalleitung nen guten Riecher für Filme hat, die Grundrichtung auch stimmt, aber niemand dort ne Strategische Ausrichtung des Festivals steuert oder von dem hohen Ross der Künstersicht runter kommt und abgleicht ob die Schweriner/Mecklenburger Realität mit dem zusammengeht was angeboten wird.

  4. @MandyJ
    So lange die Studentenagentur für ihre Arbeit wenig oder noch besser gar kein Geld verlangt, wäre es einen Versuch wert, sich dort mal zu melden.

    Ich denke da an den Logowettbewerb vor zwei Jahren. Das war ja ein recht transparenter Versuch, unter dem Deckmantel der Bürgerbeteiligung an eine Idee zu kommen.

    Wahrscheinlich passte das wirklich professionell gestaltete Siegerlogo ästhetisch nicht ins Gesamtkonzept.
    Ein Schelm, der anderes denkt. Hatte doch dummerweise ein Medienanwalt gewonnen, der weiß, was sowas eigentlich kostet….

    Über die Art und Weise der Ausschreibung zum Logowettbewerb gab es seinerzeit auf schwerin-schwerin.de eine sehr interessante und aufschlussreiche Diskussion unter grafisch Werktätigen. Ist leider weg.

    @erik
    Ja, die Kurzfilmnacht ist auch ein gutes Beispiel.

    Zitat erik: „ von dem hohen Ross der Künstersicht“

    Könnte es sein, dass hier ein falsches Ross genannt ist?
    Man kann ja beim filmkunstfest erleben, dass die wirklichen Künstler fest auf dem Boden stehen. Das Ross brauchen nur diejenigen, die zu klein sind, um mit ihnen auf Augenhöhe zu sein.
    Vielleicht passt „das hohe Ross elitärer Vorstellungen“ besser. (Ist nicht wirklich auf den Punkt, wer hat ne bessere Idee?)

    @alle
    Das, was dem filmkunstfest abhanden gekommen ist, ist das eigentlich Fundamentale, welches man für alles in der Welt benötigt und ohne das man nichts gut machen kann:

    LIEBE

    Die Folge: Lieblosigkeit

    Die Liebe zum Publikum, wer hat sie in dieser Woche gespürt?
    Wo ist der Spaß und die Begeisterung der Filmfestmacher?

    Verloren gegangen in der kontinuierlich wachsenden Diskrepanz zwischen Buffet für die VIPs und Gulasch fürs Volk? (Pah! Wer hätte im ersten FilmKunstFest-Jahrzehnt das Wort VIP auch nur gedacht!)
    Verloren gegangen zwischen endlosen Eigenlobreden und der Erfüllung vermeintlicher Geldgebererwartungen?
    Verloren gegangen im immer gleichen Aufstellen immer gleicher Requisiten?

    Apropos Geldgeber: Ist denn das Publikum nicht einer der größten?

    Ich will hier ausdrücklich keineswegs denen zu Nahe treten, die sich in den vermeintlich „unteren“ Etagen des Personals bis zur Erschöpfung wund arbeiten. Im Gegenteil. Vielleicht blickte man da auch in manch freudloses Gesicht, weil dort das Problem seit langem erkannt ist.

    Trotz allem, was ich oben schrieb wiederhole ich gern:

    Ich gebe die Hoffnung auf ein reinigendes Gewitter nicht auf und dann geht’s wieder bergauf.

    Der Horst

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