Prickelnd wie abgestandenes Dosenbier [NDR Dorfpunks]

Der Tag, an dem der Punk 1984 im schleswig-holsteinischen Provinznest Schmalenstedt ankam, war der Tag, an dem Roddy Dangerblood geboren wurde. Ein Name, hinter dem sich Gefahr, Gewalt und Brutalität verbergen. Doch eigentlich heißt Roddy Malte (Cecil von Renner), ist Töpferlehrling aus grünpolitisch gefärbtem Elternhaus und – seitdem er Lederjacke, Nietengürtel und Springerstiefel trägt und sich seine blondgefärbten Haare jeden Morgen mit Bier hochformt – auf ein bisschen Revolte aus. Anfang der 80er schwappt die Musik von Punkbands wie Buzzcocks, Slime und Fehlfarben auch endlich an die verschlafene Ostseeküste – der perfekte Soundtrack zur kollektiven Perspektivlosigkeit für Roddy und seine bierselig-verplanten Freunde Sid, Fliegevogel und Günni.

Schnell ist der Initialfunke zur eigenen Band „Warhead“ gezündet. Doch der Punk hat’s nicht leicht in der Pampa: verpfiffen vom Publikum, vermöbelt von übertrieben patriotischen Provinzproleten, verspottet bei den Mädchen. In dieser ganzen adoleszenten Treckerfahrt sucht Roddy nach Freiheit, Freundschaft, Bestätigung – und nach seiner ganz eigenen Definition von Punk.

Leider schafft es Lars Jessen nicht, an der Kongenialität und einmaligen Situationskomik der Romanvorlage des Hamburger Allroundtalents Rocko Schamoni anzuknüpfen. Wer als belesener Fan erwartet, hier die cinematisch gewordene Eins-zu-eins-Umsetzung des Kultbuches vorgesetzt zu bekommen, wird restlos enttäuscht. Wer allerdings Spaß an einer beschaulichen 90-Minuten-Coming-of-Age-Komödie hat, die sich auch gut und gerne ins beschauliche Donnerstagabendprogramm eines beschaulichen Privatsenders fügen könnte, wird auf seine Kosten kommen. Beschaulich wie Schmalenstedt, prickelnd wie ein abgestandenes Dosenbier.

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