Mit Erkältung in die Ewigkeit (KF Die Seilbahn)

Jedes Jahr dasselbe: Kaum kommt es in Deutschland zum Jahreszeitenwechsel, hört man es überall niesen, schniefen, husten und schnauben. Die Ansteckungsgefahr ist hoch, also gilt es, Vorsicht walten zu lassen. Sollte es dann doch mal zu einer Infektion kommen, bleibt man erstmal für einige Tage ans Bett gefesselt, in der Hoffnung, sich schnell zu kurieren. Das ist zwar sehr ärgerlich, doch ein wenig Ruhe für Geist und Körper nimmt sich der moderne Mensch nur zu selten. Das die verschleppte Erkältung jedoch das Ende der eigenen Existenz bedeuten könnte, darüber hat sich wahrscheinlich noch nie jemand Gedanken gemacht. Doch genau um diese interessante Überlegung handelt der Schweizer Film „Die Seilbahn“.

Fahrt in die Berge

Versetzen wir uns in die wunderschönen Landschaften der bergigen Schweiz. Fahrradfahren erscheint tierisch anstrengend – die Berge sind einfach zu steil. Da bietet sich die Nutzung des Automobils an, doch ein Blick nach rechts genügt, um festzustellen, wie viele Überschläge talwärts wohl nötig sind bis das eigene Fahrzeug still steht. Eine schöne Vorstellung? Wohl kaum. Als das best geeignete Fortbewegungsmittel erweist sich die Seilbahn. Der Höhenunterschied wird äußerst schnell überwunden, in der Nebensaison ist die Fahrt kostengünstig und nicht zuletzt reist man auch noch sicher, allerdings nur unter der Bedingung der guten Wartung.

Allzweck-Klebeband

Diese alltägliche Pflege vollbringt sich jedoch nicht von selbst. Auch die Gondel, die vom sympathisch anmutenden älteren Herrn bestiegen wird, hat anscheinend schon bessere und vor allem stabilere Tage gesehen. Sie erweckt kein Vertrauen, besonders wenn bei jedem Niesanfall des gutmütigen Herrn die Gondel einen Teil weiter in ihre Bestandteile zerlegt wird. Den Mann stört das in seiner Gelassenheit anscheinend wenig. Ob die Halterung seines Gepäckstückes abbricht oder das Gewitter ein Loch in die Decke reißt: der Monsieur zückt sein Klebeband, repariert die kaputte Stelle behelfsmäßig und verharmlost die Situation mit einem lässigen „Et voilà“. Dem Zuschauer wird nach einiger Zeit jedoch etwas mulmig zu Mute. Irgendwann muss die Seilbahn doch in die Bergstation einfahren. Irgendwann muss die gefährliche Situation doch beendet sein. Aber die Fahrt geht scheinbar endlos weiter.

Zwischen Lachen und Zusammenzucken

Den Schweizer Regisseuren Claudius Gentinetta und Frank Braun gelingt mit dem Kurzfilm „Die Seilbahn“ der ideale Spagat zwischen Witz und Spannung. Nach dem Schauen wird sich im Kino bestimmt eine knisternde Ruhe einstellen. Hiermit ist bewiesen, dass auch ein Kurzfilm mit einer relativ simplen Handlung sehr viel Raum für Interpretationen übrig hält. Wohin führt eine Seilbahn, wenn sie nicht einmal bei den Wolken endet? Auf welcher Reise befindet sich wohl der gutmütige Herr? Die interessante Optik des Filmes stellt eine weitere Bereicherung dar. Lustige Animationen stechen dem Zuschauer ins Auge und besonders der nette Herr ist gelungen designt.

Zusammen mit der stimmigen Musik erzeugt der Film eine anregende Gefühlslage: der Zuschauer weiß nie, ob er lachen oder zusammenzucken sollte. Genau aus diesem Grund ist „Die Seilbahn“ ein sehenswerter Film. Der Gefühlscocktail hält sich bis zum Schluss und auch darüber hinaus denkt man über die Situation des freundlichen Herrn nach. Was macht er wohl jetzt, so weit oben gen Himmel?