Menschen am Abgrund (SF Der andere Junge)

Robert (Willi Gerk) ist Einzelkind und bekommt zu seinem 16. Geburtstag ein neues Fahrrad geschenkt. Ein kurzer Ausdruck von Freude huscht über sein Gesicht, aber wenig später weicht dieser wieder dem für ihn normalen, gelangweilten und abwesenden Gesichtsausdruck. Man sollte annehmen, dass er glücklich ist, aber das ist nicht der Fall, denn seine Schulkameraden machen ihm das Leben schwer. Deswegen sitzt er einsam und allein in der Wohnstube seiner berufstätigen Eltern und verbringt die Zeit nach der Schule mit Game-Boy-Spielen oder dem Zusammenbasteln von Modellbausätzen.

Freundschaft wider Willen

Besonders Paul (Tim Oliver Schultz), der Sohn einer befreundeten Familie, hat viel Freude daran, ihm das Leben zur Hölle zu machen.
Permanent bestiehlt, schikaniert und erniedrigt er ihn. Roberts Vater rät – besser gesagt: befiehlt ihm, sich das nächste Mal gefälligst zu wehren. Gleichzeitig hat seine Mutter für den Nachmittag arrangiert, dass Paul Robert zur Vorbereitung für eine Matheklausur Nachhilfe geben soll. Schon zur Begrüßung wird Robert rabiat von seinem Lernpartner angefahren. Daher nimmt er sich die Worte seines Vaters zu Herzen und fängt an, sich zu wehren. Allerdings nur mit Worten, was beim Peiniger keinen Eindruck schindet und ihn nur noch mehr in Rage versetzt. Wütend zieht Paul eine seinem Vater gestohlene Waffe und hält sie seinem Opfer an den Kopf. Spärlich laufen Tränen über dessen blasse, bleiche Wangen – Robert scheint mit seinem Leben abgeschlossen zu haben. Plötzlich jedoch gibt Paul ihm die Waffe in die Hand und fordert ihn auf, abzudrücken. Emotionslos und ohne eine Mine zu verziehen, feuert Robert zwei Schüsse auf seinen Gegenüber ab.

Vertuschungsaktion

Apathisch und kaum ansprechbar findet seine Mutter ihn daraufhin an der Verandatür sitzend und in den Himmel starrend. Kurze Zeit später kommt auch sein Vater nach Hause. Der beschließt schnell, was als nächstes geschehen soll: alles muss vertuscht werden. Er redet dem Jungen ein, dass alles nur ein Unfall war. Währendessen beginnt Pauls Vater damit, sich in Rachegedanken zu stürzen und macht es sich zur Aufgabe, den Mörder seines Sohnes zu finden. Diesen Plan behält er bis zuletzt bei, jedoch trifft es einen Anderen als vermutet.
Mit „Der andere Junge“ schuf Volker Einrauch ein filmisches Werk, das die tiefen Abgründe der Menschen darstellt und dabei vor allem durch seine guten Schauspieler überzeugt. Die Charaktere unterliegen einer konstanten Entwicklung, die bei den Vätern der beiden Familien besonders krass in Erscheinung tritt. Am Ende scheut keiner von beiden mehr davor zurück, alle nur erdenklichen Mittel einzusetzen, um ihre jeweiligen Pläne zu verwirklichen.
Dabei enthält „Der andere Junge“ auffällige Parallelen zu dem ebenfalls im Festivalprogramm enthaltenen Film „Bennys Video“ (wir berichteten in der ersten Ausgabe) und beschert dem Zuschauer einen etwas anderen Blick auf die Thematik der vernachlässigten Einzelkinder.

Ein Kommentar

  1. Ich habe neulich einen Film gesehen der Paralellen zu „Bennys Video“ aufweist. Der Film heisst „Unter dem Eis“, deshalb wollte ich im Internet eine Recherche machen und habe entdeckt das es auch den diesen anderen Film „Der andere Junge“ gibt. Alle drei Filme weisen Paralellen auf und in allen drei Filmen vertuschen die Eltern das Geschehene. Im Film „Unter dem Eis“ sind es anfangs zwar nicht beide, da es nämlich die Mutter ist, die den Tod einer Freundin ihrers Sohnes vertuscht. Der Vater kommt zum Schluss zwar drauf, aber der Film hat ein offenes Ende. Aber ich vermute das es darauf hinausläuft das der Vater die Lüge beendet um weiterleben zu können und vielleicht seinen Sohn damit sogar zu helfen der psychisch krank wurde. Ich finde auch das mit dem „Vertuschen“ einer solchen Geschichte, wenn ich es als real annehme, nur die Wahrheit das richtige Ziel sein kann. Da man mit einer lebenslangen Lüge ohnehin nicht leben oder wahrscheinlich sowieso verrückt werden würde. Jedenfalls finde ich den Inhalt der Filme aufrüttelnd und sehr schockierend und finde es normal das die Eltern zu einem stehen und helfen, was in real bestimmt aber nicht jeder könnte, da man einiges an Nerven haben müsste um diese Belastung auszuhalten. Alles in allem würde mich aber interessieren ob diese drei Filme zufällig und unabhängig voneinander gestaltet wurden, einfach so, oder wer hat von wem abgeschaut. Aber es kann auch alles Zufall sein, so wie es mir passiert ist. Ich habe mir ein Drehbuch ausgedacht und kurze Zeit später lief meine Geschichte fast haargenau im Kino. Meine Story konnte ich dadurch vergessen, da jeder sagen würde, ich hätte abgekupfert. Was aber nicht der Fall gewesen wäre. Aber es gibt sowieso fast nichts was es nichts gibt. Genauso kann jemand ein Buch schreiben und tausende Kilometer weiter weg ein anderer mit fast demselben Inhalt und ohne das es jemals eine Verbindung zu beiden Personen gegeben hat bzw. geben wird.
    Ich bin jetzt schon gespannt was andere Leute zu den Paralellen der 3 Filme sagen werden. Vielleicht gibt es auch noch andere Filme mit demselben Thema.

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