Wenn ein Bär auf eine Berliner Schnauze trifft (SF Alle Alle)

Hagen ist ein riesengroßer Bär, zutraulich und hilfsbereit. Domühl hingegen ist eine schnapssaufende, gescheiterte Existenz mit Hang zu exzentrischen Monologen, geführt in breitestem Berlinerisch. Eigentlich zwei Charaktere, dessen Zusammentreffen so wahrscheinlich ist, wie ein leeres Spülbecken in einer Studenten-WG. Doch wie der Zufall manchmal spielt, hängt der hilfsbereite Bär Hagen plötzlich an Domühls fahrfaulem Auto und schiebt es geschlagene fünf Kilometer vor Domühls verwahrloste Erimitenwohnung inmitten unberührter Natur. Wenn es da nicht ein Problem gäbe: Hagen will bleiben.
Und wem es noch immer nicht aufgefallen sein sollte: Hagen ist kein ausgebrochener Bär aus dem städtischen Zoo. Hagen ist ein Mann, aber einer, der sich gestikuliert und die Welt mit einer Naivität erlebt, wie es eigentlich nur ein Kind kann. Kurzum, Hagen ist geistig behindert. Und als wenn es für Domühl nicht schon genug wäre, sich um ein Riesenbaby zu kümmern, welches noch nicht einmal allein die Klospüle betätigen kann, kommt auch noch seine ruinierte Gerüstbaufirma und die unerwiderte Liebe zu Nachbarin Ina hinzu. Domühl ist bei seinen alltäglichen Versuchen, sich durch den Alltag zu kämpfen, nicht nur deshalb unterhaltsam, weil er mit seinem allwissenden Handeln doch alles falsch macht was man falsch machen kann, sondern auch, weil es Darsteller Eberhard Kirchberg gelingt, Domühls Charakter mit frecher Berliner Schnauze zu überzeichnen. „Alle Alle“ ist kein aufregender Film, was keinesfalls als schlechte Wertung gelten soll. Pepe Planitzers Figuren sind keine extremen Mensch, sondern ganz normal, und schaffen es dennoch durch ihre eigenartige Konstellation, den Zuschauer in eine verrückte, aber alltägliche Welt zu entführen. Und wen all dies nicht überzeugen konnte, der sollte „Alle Alle“ mit geschlossen Augen hören, denn wenn im Hintergrund das warme Gitarrenspiel erklingt und die Vögel in Domühls Garten singen, sieht man die Welt fast wie mit den Augen Hagens: gut und naiv.

Carolin Weidner

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