Eine Stadt voller Irrer (SF Schwarze Schafe)

Berlin, Pflaster des Grotesken, Hauptstadt der Kuriositäten. Berlin, eine Stadt in der Einer verrückter zu sein scheint als der Andere:

Ein Handmodel, das ein neues Leben beginnen möchte und sein altes mitsamt der „Rolex-Werbe-Kampangen-Hand“ zurücklassen will. Drei junge Türken auf der Suche nach „Pussys“ und dem ersten Fick. Ein Satanist, der noch bei Mami und Papi wohnt und dessen wendbares T-Shirt auf der einen Seite die teuflischen Zahlen 666 und auf der anderen die Kelly Family zeigt . Sein Freund, der ihn zu einem Ritual mit einem vorerst unbekannten Opfer überredet, das beide auf Schlag mächtiger und reicher machen soll. Ein Mann in weißem Gewand, der mit Fistelstimme daran erinnert: „Umarmt unsere Bäume!“ Zwei Phrasen und Floskeln labernde Schwule, die mit einem weiteren Vorzeigeschwulen und einem Toilettenkorpus im Kofferraum eine Gay-Theatervorstellung retten wollen. Zwei Münchener Schnösel, die den servierten Rotkäppchensekt pikiert betrachten. Ihre alte Berliner Bekannte und deren Freund, der nach der Wahnvorstellung, sie hätte abgetrieben, nur noch tote Babys malt und eine unheimlich wichtige Nachricht zu überbringen hat…

„Schwarze Schafe“ von Olivier Rihs ist genau wie sein Schauplatz Berlin: wunderbar frech und furchtbar rotzig. Immer wenn man denkt, es könne nicht noch böser werden, streut der Regisseur eine weitere Prise schwarzen Humor obenauf und jegliche „political correctness“ versinkt tief im Schlamm der Spree. Der Episodenfilm, in dem sich deutsche Nachwuchsschauspieler, wie Jule Böhwe, Robert Stadlober und Tom Schilling gegenseitig an die Mauer spielen, ist fast komplett in schwarz-weiß gedreht, seine Figuren dennoch grell und überzeichnet.

„Schwarze Schafe“ – eine Laudatio auf unsere Hauptstadt und deren Bewohner; ein Film voller Trash, Pop und Punk; abstrus und unverschämt, bizarr und verschroben, vor allem aber eins: sagenhaft komisch.

Juliane Linke

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