Die vergessene Armee: „DDR war mein Ding“

In Gedenken an ein untergegangenes Land.

Foto: ©ElisePietarilla


Mit Spannung im ganzen Körper, fest geballten Fäusten und nach vorne gerichtetem, starren Blick stehen sie in Reih und Glied, dem strengen Ton des Hauptmanns gehorchend. Die Kleidung mit den khaki-grünen vertikalen Streifen auf dem pastell-grünen Untergrund ist gebügelt. Lediglich der breite braune Hüftgurt sitzt nicht mehr wie vor 27 Jahren. Hier und da wölbt sich ein Bäuchlein drüber. Aber darum geht es nicht. Ästhetik. Hier geht es darum zu gedenken. Und zwar der Heimat. Der DDR.
Fast 30 Jahre nach dem Fall der Mauer haben viele Mitglieder der Vergessenen Armee – darunter ehemalige hochrangige Offiziere, Grenzarbeiter und Stasi-Spitzel – immer noch nicht den Verlust der DDR verkraftet. Hunderttausende von Mitarbeitern wurden von einem Tag auf den anderen in eine Welt entlassen, deren Überzeugungen und Vorstellungen ihnen fremd waren. Und den meisten widerstrebten. In der sich viele bis heute immer noch nicht eingefunden haben.
Signe Astrup nimmt uns mit auf ein Abenteuer zu unseren Nachbarn. Und dem Bekannten der Schwester der Mutter. Denn die DDR Veteranen leben unter uns, wir wissen es nur nicht. Wir haben sie vergessen.
Die Dokumentation zeichnet sich durch die unvoreingenommene Fragestellung der Regisseurin aus. Die ehemaligen Grenzarbeiter und Offiziere haben die Möglichkeit darüber zu sprechen, was ihnen seit Jahren auf dem Herzen liegt. Und das nicht nur im Kreise ihrer Engsten, von denen sie wissen, dass sie nicht verurteilt werden, sondern vor der Welt.
Einige äußern dabei ihre Enttäuschung. „Wir wurden hinters Licht geführt. Wir haben uns abgeackert, nur damit man unseren Idealismus missbraucht.“ Andere würden die DDR ohne wenn und aber wieder zurücknehmen wollen. Auch mit ihren Mankos. Sie wissen, dass sich ihre Sicht in den 30 Jahren etwas verklärt hat, dass sie angefangen haben ihre Heimat zu romantisieren. Das ändert jedoch nichts daran, dass es ihr Vaterland ist.
Und so treffen sich immer noch regelmäßig – inzwischen wieder im Untergrund, da sie von der Öffentlichkeit nicht gerne gesehen werden – die Veteranen eines untergegangenen Landes.
Um gemeinsam zu singen. Zu marschieren. Und in Erinnerungen zu schwelgen.

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